EVERY DAY CAIMI 93:“MIT WUCHT INS NIRWANA KATAPULTIERT!“

Ein Rating-Report sagt für 2022 das große Krankenhaussterben voraus.

Ein Kommentar von Hermann Ploppa.

Das große Krankenhaus-Sterben ist schon seit vielen Jahren im Gange. Allein im Jahr 2019 befanden sich dreizehn Prozent aller deutschen Krankenhäuser im »roten Bereich«. Das heißt: Sie arbeiten mit Verlusten und ihnen drohte die Insolvenz, wenn nicht noch ein Wunder geschieht. Das Wunder geschah dann im Jahre 2020 und es trägt den Namen »Corona«.

Denn, wie in dieser Zeitung schon ausführlich erörtert, die Solidargemeinschaft der gesetzlichen Krankenkassen und der Steuerzahler zahlte an die notleidenden Krankenhäuser insgesamt 10,2 Milliarden Euro nur dafür, dass sie Betten freihielten für Corona-Kranke. Bekanntlich blieben die Corona-notleidenden Patienten dann aber doch aus.

Die zehn Milliarden Euro halfen sodann, den somatischen Kliniken eine Gewinnsteigerung um 3,7 Prozent für pures Nichtstun zu spendieren. Psychiatrische Kliniken strichen sogar 10,6 Prozent mehr Gewinn ein als im Vorjahr. Insgesamt konnten 73 Prozent aller Kliniken in Deutschland durch den Geldsegen aus dem Hause Spahn im Jahre 2020 Gewinne einfahren. Dazu resümiert Experte Boris Augurzky: »Hier wurde in der Krise praktisch ein neues Vergütungssystem eingeführt.« Ohne diese ungewöhnliche Subvention »hätte manche Klinik womöglich die Gehälter nicht mehr zahlen können.«

Boris Augurzky ist einer der Autoren des »Krankenhaus Rating Report 2021», der diesmal den Untertitel trägt: »Mit Wucht in die Zukunft katapultiert.« Das Ganze ist ein jährlich erscheinender Bericht, der vom RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung zusammen mit dem in Chicago ansässigen Healthcare Information and Management Systems Society (HIMMS), also einer Gesundheitsvorsorge, Informations- und Betriebssystemgesellschaft herausgegeben wird.

Es sollten eigentlich sämtliche Alarmglocken schrillen. Denn die Berichterstatter sagen voraus, dass bis zum Jahre 2030 etwa 300 Krankenhäuser »vom Markt verschwinden« werden. Dann werden 26 Prozent aller Krankenhäuser sich im »roten Bereich« befinden, auf Deutsch: kurz vor der Pleite stehen. Und weitere 34 Prozent werden auf jeden Fall Verluste schreiben.

Die Großen überleben, die Kleinen gehen pleite

Das Risiko verteilt sich allerdings im Einzelnen. Große Kliniken mit Bettenzahlen zwischen sechshundert und neunhundert werden weiterhin prosperieren. Privaten Spezialkliniken wird es ebenfalls wunderbar ergehen. Auf der Strecke bleiben kleine Krankenhäuser in öffentlicher Hand, die aufgrund ihres Versorgungsauftrags das gesamte Spektrum der gesundheitlichen Dienstleistungen abdecken müssen.

Das alles mutet reichlich paradox an. Denn unsere Gesellschaft altert immer noch weiter. Und auch die Ansprüche an die Gesundheitsversorgung nehmen immer noch zu. Logisch wäre also eigentlich ein stetiger Ausbau der Krankenhauskapazitäten. Es ist allerdings nicht zu verkennen, dass das Krankenhaussterben politisch gewollt ist.

Eine tödliche Wirtschafts-Triage

Es ist allgemein bekannt, dass die Aufnahme in stationäre Behandlung für sich genommen schon eine Abschreckung darstellt. Stundenlange Aufnahmeprozeduren, die an Langsamkeit und Ineffizienz kaum noch zu übertreffen sind. Während im Jahre 2005 immerhin 59,7 Prozent aller Aufnahmesuchenden in die Klinik eingewiesen wurden, sind es 2019 gerade noch 46,2 Prozent. Die Verweildauer in Krankenhäusern ist in den letzten Jahrzehnten drastisch zurückgegangen. So mancher zu früh entlassene Patient ist nach seinem Rausschmiss zuhause verstorben.

Auf solche eher unerfreulichen Aspekte des Kapazitätenabbaus geht der Report jedoch nicht ein. Er empfiehlt stattdessen, den Niedergang der Krankenhäuser in der Fläche für grundlegende Strukturveränderungen zu nutzen. Sie ahnen es schon: die implodierenden Landkrankenhäuser sollen in ein Netzwerksystem abgestufter, vornehmlich privat-profitwirtschaftlicher Einrichtungen eingebunden werden. Vorstellbar sind Medizinische Versorgungszentren, Fahrdienste, die Patienten in entfernte Krankenhausfabriken transportieren. Und vor allen Dingen: Telemedizin.

Digitalisierte Gesundheitsversorgung

Sprechstunden über Skype- oder Zoom-Konferenzen mit Ihrem Arzt. Ambulante Versorgungszentren. Die »Ambulantisierung« ist dann das vermeintliche Zauberwort. An die Stelle von Ärzten treten »dezentrale Kümmerer« oder neudeutsch Case Manager, die speziell für Ihren Fall die richtige Maßnahmenpalette konfektionieren. Und dabei heißt die zukünftige Reihenfolge der Maßnahmen: »digital vor ambulant vor stationär«. Und für das Gelingen dieses Vorhabens ist die elektronische Patientenakte unerlässlich.

Die Befunde und die hier vorgetragenen Problemlösungen des Krankenhaus-Rating-Reports werden von der einschlägigen Presse unkommentiert an die breite Masse weitergereicht. Es geht bei dem Report eindeutig um die Steigerung der Profitabilität des Gesundheitswesens. »Rating« meint immer die Einschätzung der Rentabilität. Das Leibniz-Institut wird zwar je zur Hälfte vom Bund und von den Ländern finanziert, gilt allerdings als »wirtschaftsnah«. Und dem HIMMS-Institut geht es unverkennbar darum, über eine Umkrempelung des Gesundheitswesens mehr Aufträge für die Informationstechnologie zu akquirieren.

Politisch gewollter Niedergang

Der Report-Autor Augurzky ist zudem Berater von Gesundheitsminister Jens Spahn. Der Niedergang der öffentlichen Krankenhäuser mit universalem Versorgungsauftrag ist politisch gewollt und soll profitorientierte Spezialkliniken bevorzugen. Und die effektivste Waffe gegen die öffentlichen Krankenhäuser in der Fläche ist immer noch die Einführung der so genannten Fallpauschale. Die Krankenhäuser bekommen nur noch einen starren Betrag für bestimmte Behandlungen. Wenn sie mit dem Geld nicht hinkommen, haben sie Pech gehabt und schreiben rote Zahlen.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass sich gerade in der Wende von 2019 auf 2020 eine breite Koalition von Medizinern und Gesundheitsarbeitern zusammengefunden hatte, um die Fallpauschale politisch zu bekämpfen. Die Vorsitzende der Ärztevereinigung Marburger Bund, Susanne Johna, geißelte die Fallpauschale als »ruinösen Verdrängungswettbewerb« der Krankenhäuser. Ein breites Bündnis fand sich zusammen unter dem Namen »Krankenhaus statt Fabrik«.

Der Hype um Corona brachte dieses Bündnis zum Verstummen. Unter dem Vorwand, eine gefährliche, Pest-gleiche Seuche zu bekämpfen, wird nun die Agenda der Krankenhausvernichtung und der gnadenlosen Digitalisierung härter als jemals zuvor im Schockverfahren durchgedrückt.

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Dies ist eine Vorab-Veröffentlichung aus der kommenden, 52. Ausgabe der Wochenzeitung Demokratischer Widerstand. Die gedruckte Wochenzeitung Demokratischer Widerstand erreicht Menschen, die ansonsten ausschließlich der Gleichschaltungspropaganda in TV, Regierungspresse und Konzernportalen ausgesetzt wären. Die Redaktion, unter anderen mit Hermann Ploppa und Anselm Lenz, ist durch Abonnement und Verteilung seit April 2020 eine der auflagenstärksten in deutscher Sprache.

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Ein Kommentar

  • Beatus Gubler 3 Jahren ago

    Ueber das Mensch-Sein.
    Wo bleibt der Mensch? Wo bleiben alle die guten Werte, welche unsere Generationen sich erarbeitet haben? Wir hätten alles Wissen, von der Philosophie über die Psychologie bis in die Mystik hinein, welche Geist und Sinn erbaut, und unsere Herzen öffnet, für eine Faire-Play Gesellschaft. Aber es wird nicht umgesetzt. 90% der Welt ist im Besitz von 7% oder noch weniger. Bald wird es nur noch Randständige und Reiche geben. Das wäre das Ende, Game Over, es sei denn, die neuen Herrscher würden dem entsprechen, was der Dalai-Lama einst sprach: Eine gute Diktatur kann besser sein als eine schlechte Demokratie. Solange der Egoismus-Faktor höher ist als der Altruismus Faktor in einer Demokratie, insbesondere dann, wenn der Kapitalismus keine Schranken hat, dann wird die Demokratie verschwinden. Ich gönne jedem Reichtum und Wohlstand, und Glück und Gesundheit obendrein. Aber nur dann, wenn dies nicht erzwungen auf Kosten Dritter geht. Somit wären wir wieder beim Thema Gewalt. Beute-Kapitalismus, Raubtierkapitalismus, ist eine Form der Gewalt. Einst dachten Denker, der Kapitalismus ohne Schranken würde die Gewaltbereitschaft des Menschen im Menschenpark sublimieren, zu hohen Leistungen, Erfindungen und Fortschritt anspornen, in einem Milieu wo Konkurrenten sich gegenseitig Energien zuschießen, durch einen gesunden Konkurrenzkampf. Doch aus dieser eigentlich guten Intention wurde etwas anderes. Es wurde daraus eine Waffe. Als Streetworker hatten wir seit 1997 nach den ersten Begegnungen mit der Korruption im Health-Care Bereich rasch begriffen, das auch in diesem Bereich bereits der Kampf um Subventionen, Vergütungen sowie um Ausbeutung von Randständigen begonnen hatte. Sogar mit denjenigen welche am Boden liegen, kann man noch ein Geschäft machen. Dank der Unterstützung Dritter und Eigenleistungen, ohne Subventionen, konnten wir im Rechtskleid einer Interessengemeinschaft bis 2017 überleben und niemand konnte uns manipulieren, wir waren unabhängig. 64 Personen konnten wir in 20 Jahren dazu bringen, ihr Leben nicht weg zu werfen und in den Griff zu bekommen. Heute Frage ich mich für was? Für diese ungewisse Zukunft? Erst als ich eine alte bekannte Seele antraf, welche heute einen bald erwachsenen Sohn hat, und mir sagte: Danke für alle die Jahre die wir dank euch noch erleben konnten, auch wenn jetzt alles so aussieht als würde alles den Bach runter gehen, es waren doch noch einige gute Jahre, erst dann hatte ich begriffen, dass doch nicht alles umsonst war. Alle welche wir auf dem „Schlachtfeld“ unserer Gesellschaft als „Verwundete“ zusammen gelesen hatten, hatten eine Geschichte zu erzählen. Es war immer dieselbe Geschichte: Gewalt in der Familie, im Kinderheim, bei den Pflegeeltern, aufgrund von Existenzangst. Das Fehlen einer guten Bildung kam erst an zweiter Stelle, das Fehlen von guten Vorbildern an erster Stelle. Was zuvor hinter schön bemalten Fassaden mit Geranienstöcken stattfand, bin hin zum schlimmsten Missbrauch einiger „Naturfreunde“, dies findet nun offen statt. Mit dem Schild auf der Stirn: Wir haben die Macht. Nur wir. Wir sagen was die Wahrheit ist, und nur wir. Dies wird einen tiefen Fall geben. Je höher diese materialistische, feudalistische, plutokratische Triumphirat abhebt, desto tiefer wird der Fall sein. Ohne den Menschen als Mensch und dessen besten Werte, wird auf Dauer nichts bestand haben. Der Mensch bedarf des Vertrauens, es muss nicht mal unbedingt Liebe sein, Vertrauen, Gemeinschaft, Ehrlichkeit, Gewaltverzicht und Kooperation zu dem was gut und richtig ist, sind die Essenzen welche Energien freischalten, welche Heilsam sind und Entwicklung, Gedeihen und Fortschritt bringen. Ich habe Angst und sehe die Angst in den Augen der Anderen. Alles ist noch offen, wie geht es weiter. Drei Kameraden/innen habe ich an Suizid verloren. Wäre ich nicht alt und handicapiert, ich würde vielleicht auswandern.