Ukrainische Terroristen und Agenten sollen Nord Stream gesprengt haben. Selenski, das ukrainische Militär und die CIA sollen informiert gewesen sein. Was steckt hinter der neuen offiziellen Aufregung um den größten Anschlag auf die deutsche Infrastruktur?
Entwicklung rund um Nord Stream: Deutschland fahndet nach einem ukrainischen Taucher und ein US-Medium bringt eine ausführliche Recherche mit Sprengstoff: Demnach wäre der Sabotage-Akt auf Nord Stream ein „Public-Private-Partnership“-Terror gewesen.
Angriff der Ukraine auf Deutschland?
Auch wenn die Geschichte weiterhin wenig plausibel ist, stecken dahinter brisante Entwicklungen und Interessen.
Bevor wir die aktuellen (medialen) Entwicklungen rund um die Nord Stream Sabotage zusammenfassen, muss auf einige Punkte hingewiesen werden:
- Nach wie vor ist die Recherche von Seymour Hersh, wonach die USA die Pipeline in die Luft gejagt hätten, am ehesten plausibel. Die Recherche ist ausführlich, geht in die Tiefe und logisch. Auch, weil ein solcher Anschlag auf Unterseepipelines massive Mittel erfordert. Ein Tauchlehrer mit einer Bombe und einer Jacht reicht da nicht.
- Schon vor der Hersh-Enthüllung hat fast alles auf die USA gedeutet.
- Eine neutrale und internationale Untersuchung, auf die vor allem China gepocht hat, wird von Deutschland blockiert.
- „Renommierte Medien“, wie auch das Wall Street Journal, sind Instrumente des US-Geheimdienstes, um gewünschte Narrative zu streuen. Das ist keine Verschwörungstheorie, sondern allgemein bekanntes Faktum.
Ist also davon auszugehen, dass hinter der aktuellen Geschichte des Wall Street Journal auch der US-Nachrichtendienst steckt. Vorstellbar, dass über diese Geschichte das Ende von Selenski eingeläutet werden könnte, der nun plötzlich in einen Angriff auf Deutschland – den wichtigsten Verbündeten neben den USA – involviert gewesen sein könnte.
Was erzählt man uns aus den USA also? Ranghohe ukrainische Offiziere sollen im Mai 2022 die Idee geschmiedet haben, Nord Stream zu sprengen. Der Plan wurde geschmiedet, die Kosten von 300.000 US-Dollar seien privat finanziert worden. Selenski wurde informiert und hätte dem Plan zugestimmt. Auch die CIA soll davon Wind bekommen und bei Selenski angeklopft haben, damit die Aktion abgeblasen wird. Selenski soll den Befehl befolgt und es gestoppt haben.
Aber der damalige Oberbefehlshaber Saluschnyj soll den Plan weiter verfolgt haben. Hochrangige Offiziere des Nachrichtendienstes SBU sollen den Plan dann umgesetzt haben. Unter anderem Roman Chervinsky, der gerade erst in der Ukraine im Gefängnis saß.
Also: Zivilisten und Militärs hätten die Andromeda-Jacht in Rostock gemietet. Dann hätten sie die Sprengkörper angebracht und Nord Stream hochgejagt. Die Geschichte rund um Andromeda bleibt übrigens massiv unglaubwürdig. Warum das so ist, hat TKP im März 2023 schon erklärt.
Weiters erklärt das US-Medium, dass Selenski die Operation hätte stoppen wollen. Saluschnyj ihm aber gesagt habe, dass es nicht mehr aufzuhalten wäre, denn bei jedem Kontakt könnten die Agenten auffliegen. Im Oktober 2022 sei das BND durch die CIA informiert worden.
Der Artikel der WSJ ist ausführlich und tief recherchiert (was aber weiterhin nicht heißt, dass die Kontaktleute nicht eigene Interessen mit der Geschichte durchbringen wollen), und er weiß auch von der Brisanz. Selbst wenn man also diese Geschichte nun annimmt, wenn es also nicht die USA sondern die Ukraine war, die hinter dem Anschlag steckt.
Das WSJ zitiert einen deutschen Politiker, der aber anonym bleibt:
„Ein Angriff dieser Größenordnung ist ein ausreichender Grund, die Kollektivverteidigungsklausel der NATO auszulösen, aber unsere kritische Infrastruktur wurde von einem Land gesprengt, das wir mit massiven Waffenlieferungen und Milliarden in bar unterstützen.“
Das Verhältnis Deutschland – Ukraine könnte diese Geschichte mehr als trüben. Nicht vergessen: Kurz vor dem Bericht des WSJ wurde ein Haftbefehl gegen einen ukrainischen Tauchlehrer erwirkt. Wagenknecht (BSW) fordert etwa bereits die unverzügliche Einstellung der Waffenlieferungen an die Ukraine.
Man merkt, dass gewisse Kreise extrem nervös sind – und bereits klare Verteidigungslinien vorbringen. So müsste Deutschland der Ukraine ja eigentlich dankbar sein, weil über Nord Stream hätte man sich „von einer Diktatur“ abhängig gemacht. So lautet das eine Argument. Das andere: Nord Stream gehöre Russland und hätte mit Deutschland nichts zu tun, sei auch nicht „kritische Infrastruktur“, weil sie ja schon vor dem Anschlag nicht mehr wirklich in Betrieb gewesen ist.
Das Argument richtet sich von selbst: Zwar ist der russische Konzern Gazprom Mehrheitseigentümer (51 Prozent) in der Nord Stream AG, allerdings sind auch deutsche Unternehmen zu rund 35 Prozent beteiligt. Außerdem hätte Nord Stream 2 Deutschland auf viele Jahre mit günstigem russischem Gas versorgt, das die Industrie wettbewerbsfähig gehalten hätte. Eine Reparatur der Pipelines steht weiterhin nicht im Raum.